Öffentliche Auftraggeber unterliegen grundsätzlich einer Ausschreibungspflicht. Bei Vergabe von IT-Dienstleistungen müssen öffentliche Auftraggeber (und auch freihändige Vergeber) einige Besonderheiten beachten. Auf der einen Seite müssen alle technischen Anforderungen bekannt und dokumentiert sein, und gleichzeitig müssen die sich stetig ändernden Vorschriften der EU beachtet werden. Fehler in den Vergabeunterlagen können das gesamte Projekt gefährden und gegebenenfalls den falschen Partner ins Boot holen. Vor diesem Hintergrund ist ein strukturierter Ausschreibungs- und Auswahlprozess essenziell. IT-Dienstleister stehen immer wieder vor dem Problem, dass öffentliche Ausschreibungen mit lückenhaftem Lastenheft veröffentlicht werden. Antworten auf technische Rückfragen beim Ausschreibungspflichtigen sind oftmals schwer zu bekommen. Als Folge können Anbieter nur schwierig Aufwands- und Kostenkalkulationen richtig bestimmen. Das Risiko einer Fehleinschätzung steigt. Durch ungenaue Angebote können während des Projekts unangenehme Abweichungen auftreten.
1. Zunächst sollten Projektleiter und Projektteams definiert werden. Vor Ausschreibung ist es sinnvoll, alle Stakeholder, die an dem Projekt benötigt werden, zu informieren. Anbietern wird empfohlen, vor der Veröffentlichung der Ausschreibung Vergabeteams, Verhandlungsteams und eine Bewertungskommission festzulegen. Bereits hier sollte ein grober Zeitraum für das Projekt festgelegt werden. Für spätere Bieter fragen muss Ansprechpartner berufen werden.
2. Erste Schritte: Gute Vorbereitung und Lastenheft
Zu Beginn einer jeden Ausschreibung steht die Ermittlung und Analyse des Bedarfs. Der Ausschreibende muss zusammen mit seiner IT-Abteilung genau bestimmen, was benötigt und gegebenenfalls wo Service benötigt wird. Je konkreter die Leistungsbeschreibung formuliert wird, desto fehlerfreier verläuft das Projekt später. Für ein erfolgreiches Projekt müssen für jede Projektphase klar verständliche und verbindliche Ziele definiert werden, an denen sich Bieter orientieren können. In der Leistungsbeschreibung sollten kurze und nicht verschachtelte Sätze verwendet sowie Formulierungen wie „etc“, „z. B.“ vermieden werden. Solche Formulierungen beschreiben einen „nach oben offenen Leistungsumfang“ und führen zu unklaren Leistungsbeschreibungen. Für öffentlich -rechtliche Auftraggeber gibt es die „Unterlage für Ausschreibung und Bewertung (UfAB)“ als Vorlage zur Ausschreibung.
3. Festlegung von Bewertungskriterien
Um das wirtschaftlich beste Angebot auf Grundlage des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu finden, müssen im Vorfeld genaue Zuschlagskriterien und Vergabeverfahren festgelegt werden. Um eine Chancengleichheit zu gewährleisten, muss die Gewichtung der Bewertungskategorien transparent und für alle klar sichtbar sein. Durch die Bewertungswerkzeuge muss jederzeit genau nachvollziehbar sein, warum eine Entscheidung zugunsten eines Anbieters getroffen wurde. Weit verbreitet ist hier eine klassische Bewertungsmatrix mit Ausschluss- und Bewertungskriterien. Kriterien sind in der Regel als Fragen an die Anbieter formuliert und haben unterschiedliche Gewichtung. Solche Bewertungsverfahren beinhalten z. B. den Preis, die Qualität, den Service oder Support mit Reaktionszeiten.
4. Anbieter genau unter die Lupe nehmen
Bereits in den Ausschreibungen kann eine gewisse Qualitätsstufe der Anbieter gefordert werden. Zum Beispiel kann bereits im Vorfeld das Qualitätszertifikat ISO 9001 als Eignungsanforderung angegeben werden. Um Produkte und Services vergleichen zu können, sollte als Vorstufe der offiziellen Angebotsabgabe mit allen qualifizierten Anbietern Präsentationstermine vereinbart werden. Achten Sie bei der Einholung von Referenzen darauf, dass diese objektive und präzise auf die eigenen Bedürfnisse und Anforderungen ausgerichtete Informationen enthalten und im besten Fall aus der gleichen Branche stammen. Das Vergaberecht in § 45 VgV sieht auch vor, dass wirtschaftliche und finanzielle Kennzahlen wie Umsätze oder Bilanzen eingefordert werden dürfen. Aber Vorsicht: die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens nur anhand der Gewinn- und Verlustrechnung bzw. des Jahresabschlusses zu erkennen, ist sehr schwer und bedarf fortgeschrittene betriebswirtschaftliche Kenntnisse.
5. Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen
Für öffentliche IT-Projekte gibt es eine Sonderform der ergänzenden Vertragsbedingungen: „Ergänzende Vertragsbedingungen“ für die Beschaffung von IT-Leistungen (EVB-IT). Diese regeln die Rahmenbedingungen für Auftragnehmer im IT-Bereich. Die EVB-IT wird in mehrere Bereiche gegliedert. Derzeit gibt es zehn verschiedene EVB-IT-Vertragstypen. Die Bundesregierung für Informationstechnik (CIO-Bund) teilt diese Vertragstypen wiederum in Basis-EVB-IT und System-EVB-IT ein.
Basisverträge: (B)
(B) EVB-IT Dienstleistung: z. B. Schulungs-, Beratungs oder sonstigen Unterstützungsleistungen
EVB-IT Instandhaltung: Erstellung bzw. Anpassung von Software auf der Grundlage eines Werkvertrages und optional die anschließende Pflege
(B) EVB-IT Kauf: anzuwenden bei Verträgen über den Kauf von Hardware, ggf. einschließlich der Überlassung von Standardsoftware gegen Einmalvergütung zur unbefristeten Nutzung.
(B) EVB-IT Pflege S: sind für den Abschluss von Verträgen konzipiert, welche Softwarepflegeleistungen an Standardsoftware zum Gegenstand haben.
(B) EVB-IT Überlassung Typ A: Überlassung von Standardsoftware gegen Einmal Vergütung zur unbefristeten Nutzung.
(B) EVB-IT Überlassung Typ B: Überlassung von Standardsoftware gegen periodische Vergütung zur befristeten Nutzung.
Systemverträge: (S)
(S) EVB-IT System: Erstellung eines Gesamt-IT-Systems bestehend aus Hardware und Software
(S) EVB-IT Systemlieferung: Lieferung von IT-Systemen aus Standardkomponenten
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